DE:Gehsteig
Merkmal : Gehsteig |
Beschreibung |
Bürgersteige sind baulich neben einer Straße und für den Fußverkehr vorgesehen. |
Gruppe |
Attribute |
sidewalk=both/left/right/no |
Der Gehsteig ( Gehweg (im engeren Sinne), Bürgersteig, Trottoir, Gangsteig) ist der Teil einer Straße, der für den Fußverkehr vorgesehen ist. Oft ist er durch einen Bordstein (Randstein, Kantstein) von der Fahrbahn getrennt. Er kann auch durch einen bewachsenen Grünstreifen abgetrennt sein oder in einiger Entfernung (aber immer noch verbunden) als baulicher Teil verlaufen. Eine Straße kann nur einseitig, beidseitig oder gar keinen Bürgersteig haben. Gehsteige können mit einem Verkehrszeichen beschildert sein, häufig ist dies aber nicht der Fall.
Terminologie
Der Bürgersteig wird im Britischen footway oder pavement genannt. Da in den USA pavement allerdings die Oberflächenbeschaffenheit der Fahrbahn bezeichnet und footway in OSM schon in einem umfassenderen Sinn für Gehwege verwendet wird, wird hier für straßenbegleitende Gehwege der amerikanische Term sidewalk benutzt, um Missverständnissen vorzubeugen.
Wie kartieren?
Das Kartieren von Gehsteigen kann das Routing für Fußgänger erleichtern. Renderer haben die Möglichkeit darzustellen, ob und an welcher Seite Straßen Gehsteige haben.
A) Gehsteig als Merkmal einer Straßenlinie
Gehsteige können mit dem Attribut sidewalk=both/left/right/no an die Linie der Straße getaggt werden (none – wird oft benutzt, aber no wird bevorzugt).
Mittels sidewalk:right/left/both:surface=* können der Untergrund bzw. weitere Attribute des Gehsteigs angegeben werden.
Vorteile des Taggens des Gehsteigs an der Straßenlinie:
- Direkte Zuordnung zur Straßenlinie ermöglicht saubere Datenauswertung, dadurch:
- Korrektes Abbildern der Möglichkeit, kontinuierlich die Straßenseite zu wechseln
- Textuelles Fußgängerrouting entlang der Straßenkanten möglich (z. B. „Folgen Sie der Bahnhofstraße auf dem rechten Gehsteig“)
- Einfacher zu Erfassen
- Übersichtlich im Editor durch weniger Kanten
- Gehsteige können durch Renderer immer an die Seite der Straßenlinien gezeichnet werden, unabhängig von der Zoomstufe
Nachteile:
- Geometrische Lage wird nur grob über das Attribut width=* an der Straßenlinie abgebildet
- Noch keine Lösung für das eindeutige Kartieren von barrier=*, tactile_paving=* und kerb=* am Gehsteig
- Keine Darstellung durch die meisten Renderer
- Mehrdeutig (ist bei einem eingehendem Weg auf die Straße – z. B. Treppe vor einem Haus – diese oder der Bürgersteig gemeint?)
Das Taggen der Gehsteige als Merkmal an der Straßenlinie ist demnach vor allem dann gut geeignet, wenn der Gehsteig direkt an die Fahrbahn grenzt und kontinuierlich die Fahrbahn erreicht werden kann, z. B. zum Queren.
Für einen eigenständigen Gehweg, der nicht Teil einer Straße ist, wäre dagegen highway=footway ohne footway=sidewalk an einer eigenen Linie zu benutzen.
B) Gehsteig als eigenständige Linie
Die zweite Möglichkeit ist, für jeden Gehsteig eine eigenständige Linie mit highway=footway + footway=sidewalk anzulegen. Im Bereich der Kreuzung von Fahrbahnen wird ein Fußgängerüberweg mit highway=footway + footway=crossing hinzugefügt. Alle Eigenschaften des Gehsteigs werden an die Gehsteiglinien und -knoten geschrieben.
Der Linie der Fahrbahn wird mittels eines Tags eine Information hinzugefügt, inwieweit Gehsteige als eigenständige Linie angelegt sind. Im Regelfall ist dies sidewalk:both=separate, also eigenständige Linien an beiden Seiten der Straße.
Vorteile des Taggens des Gehsteigs als eigene Linie:
- Er ist überhaupt erst mal als Objekt vorhanden – und somit auch erweiterbar und nutzbar für eingehende Wege wie z. B. für Treppen von Häusern, die auf den Bürgersteig gehen, aber nicht auf die Straße
- Wesentlich genauere Erfassung der Geometrie möglich, dadurch:
- Genauere Darstellung der Gehsteige in Karten bei hohen Zoomstufen
- Genauere Darstellung von Fuß-Routen beim Navigieren
- Einfachere Erfassung gehsteigspezifischer Eigenschaften wie barrier=*, tactile_paving=*, kerb=*,
- Dadurch bessere Berücksichtigung im Fußgängerrouting
- Darstellung durch die meisten Renderer
Nachteile:
- Fehlerhafte Abbildung in OSM-Daten, da Beziehung des Gehsteigs zum zugehörigen Abschnitt der Straße nicht einfach abgebildet werden kann (bzw. zum gegenüberliegenden Gehsteig), dadurch
- Routingergebnisse mit unnötigen Umwegen, da kontinuierliche Querungsmöglichkeiten nicht erkannt werden
- Kein korrektes textuelles Fußgängerrouting, da Eigenschaften der Gehsteiglinien nicht den Straßenlinien zugeordnet werden können (z. B. kein „Folgen Sie der Bahnhofstraße auf dem rechten Gehsteig“)
- Erschwerte Datenauswertungen (z. B. „Wieviel Prozent der Straßen mit 'smoothness=good' hat Gehwege mit 'smoothness=bad'?“)
- Mikrorouting, das für textuelle oder akkustische Ausgabe wenig geeignet ist (z. B. „in 10 m rechts, dann in 5 m links dann nach 10 m links, dann nach 5 m rechts“ statt „Folgen Sie der Bahnhofstraße auf dem rechten Gehsteig“)
- Ungünstige Darstellungen durch Renderer
- Darstellung der Gehsteige vor oder hinter der Straße in Karten bei geringen Zoomstufen
- Darstellung straßenbegleitender Gehsteige weit entfernt von den Straßenrändern in Karten bei hohen Zoomstufen
- Mitunter zu hohe Informationsdichte in Karten (überfrachtete Karten)
- Aufwändiger im Erfassen
- Nicht gut kombinierbar mit Methode A (mit sidewalk=both/left/right/no), da dann das bei Methode B sinnvolle Attribut sidewalk=separate nicht gesetzt werden kann. Jedoch könnten bei sauberem Tagging die Werte von Methode A aus den Werten mit separate abgeleitet werden (z.B. könnte sidewalk=separate als sidewalk=both interpretiert werden; sidewalk:left=separate + sidewalk:right=no als sidewalk=left usw.)
- Geringere Übersicht im Editor durch zusätzliche Kanten
Das Taggen der Gehsteige als eigene Linie ist demnach vor allem dann gut geeignet, wenn Hindernisse zwischen Fahrbahn und Gehsteig liegen und die Fahrbahn daher nicht kontinuierlich erreicht werden kann. Alle Verbindungen zwischen Fahrbahn und Gehsteig sollten durch Verbindungslinien getaggt werden, z. B. an Grundstückseinfahrten oder bei Querungsmöglichkeiten.
Das Taggen von fahrbahnnahen Bürgersteigen als eigene Linie ist regelmäßig Gegenstand umfangreicher Diskussionen[1].
C) Gehsteig als Fläche
Die dritte Möglichkeit ist, Gehsteige als Verkehrsflächen zu kartieren. Dazu werden Gehsteige als geschlossene Linie erfasst und mit area:highway=footway versehen. Das Kartieren der Flächen erfolgt zusätzlich zur Linie der Straße, die wie bisher erfasst wird (Methode A). Es werden für den Gehsteig an den Kreuzungen und für den Gehsteige zwischen Kreuzungen jeweils eigene Flächen angelegt. Details zum Flächentagging siehe Proposed features/Street area.
Vorteile des Taggens des Gehsteigs als Fläche:
- Exakte Erfassung der Geometrie möglich, dadurch exakte Darstellung in Karten und Navigantionsanwendungen
- Saubere Abbildung der Beziehungen zur Fahrbahnfläche und anderen Verkehrsflächen möglich, so diese auch kartiert wurden
- Kann problemlos mit normalen Wegen kombiniert werden (das sind abstrahierte Rechteckflächen), erfordert aber an den Übergängen (auch von den Flächen zu den Wegen) jeweils eine Querungs-Relation, die die physischen und juristischen Querungsmöglichkeiten angibt
- Unnötigerweise optional kombinierbar mit Methode A unter Inkaufnahme von doppelten Informationen an Straßenlinie und Fläche, dadurch
- Können z. B. Router auswählen, ob sie über Flächen routen (Micro-Routing ähnlich Methode B) oder entlang der Straßenkante (wie Methode A)
Nachteile:
- Doppeltes oder komplexes Datenmodell (Querungs-Relationen auf den gemeinsamen Grenzlinien der Flächen) für Verkehrsflächen und Linien, dadurch
- Risiko von Widersprüchen der Angaben an der Linie und an der Fläche
- Doppelter Datenpflegeaufwand
- Erschwerte Datenauswertungen über beide Modelle, da Beziehung einer Fläche zum zugehörigen Anschnitt der Straßenlinie nicht ausreichend abgebildet werden kann.
- Routing über Flächen ist algorithmisch etwas aufwändiger (Querungsrelations-Mittelpunkte auf den gemeinsamen Flächengrenzlinien bestimmen und zum Graphen verbinden) und erfordert eine möglicherweise ungenaue Heuristik für die grafische Ausgabe der Wegführung über die Fläche, damit z. B. bei Kreuzungen keine Flächenkanten geschnitten werden.
- Aufwändig im Erfassen ohne speziell angepasste Werkzeuge
- Geringere Übersicht im Editor durch zusätzliche Linien
- Keine Darstellung durch die meisten Renderer
- Bislang keine Berücksichtigung durch Navigationsanwendungen
Durch die gute Kombinierbarkeit mit Methode A und die geometrisch exakte Abbildung ist das Flächentagging gut geeignet, um einerseits genaue Darstellungen zu erhalten (Nutzung des Flächenmodells nach Methode C) und andererseits gute Datenauswertungen zu erhalten wie z. B. für Navigationsgeräte (Nutzung des Linien-Modells nach Methode A) und damit die Nachteile der Methode B bei fahrbahnnahen Bürgersteigen zu umgehen.
Regionale Unterschiede
Vielerorts hat sich längst eine der Methoden vor der anderen etabliert. Vorzugsweise werden regionale Gepflogenheiten fortgeführt.
Geschichte
In den Anfängen von openstreetmap gab es keine eigene Methode Gehsteige zu kartieren. Tatsächlich gab es gar keine Methode Wege für den Fußverkehr überhaupt zu kartieren. Dieser letztere Mangel wurde durch die weit verbreitete Nutzung des highway=footway Tags behoben. Dessen Artikel im Wiki geht bis Januar 2008 zurück. Das hieß aber noch lange nicht, dass damit eine Methode Gehsteige als solche zu kartieren geschaffen wurde, obwohl Gehwege manchmal an deren Stelle genutzt wurden, insbesondere dort, wo diese als eigenständige Gegebenheiten vor Ort wahrgenommen wurden.
Ebenfalls 2008[2] wurde damit begonnen, Straßen mit sidewalk=* Tags zu markieren, ganz besonders dort, wo die Gehsteige nicht als eigenständige Gegebenheiten wahrgenommen wurden; das ganz im Sinn der Maxime „Ein Objekt, ein OSM-Element“. Ebenfalls durch verbreitete Nutzung wurde diese sogenannte „Verfeinerung der Straße“-Lösung zur ersten Methode, das Vorhandensein von Gehsteigen gesondert in die OSM Datenbank aufzunehmen.
Fortgesetzte und häufige Kartierung von Gehsteigen als eigenständige Gehwege entlang von Straßen, was als mangelhaft empfunden wurde, inspirierte 2011 die „Verfeinerung des Gehwegs“-Lösung [3], bestehend darin, dass solche Gehwege mit einem footway=sidewalk Tag ergänzt werden. Obwohl konzeptuell recht unterschiedlich, vermitteln beide Methoden mit Blick auf das Ziel dieselbe Information, nämlich das Vorhandensein von Gehsteigen. Historisch wurde diese zweite Lösung unter „eigenständige Linie“-Lösung anerkannt.
Zukunft?
Durch die Verfügbarkeit von sehr guten Luftbildern ist es möglich, Gehsteige als Straßenflächen genau zu erfassen. Dazu wurde der Vorschlag „Street area“ seit 2011 diskutiert und seit dem auch genutzt, siehe taghistory.raifer.tech. Das Flächentagging erfolgt zusätzlich zum Erfassen der Straßenachse als eigene Linie. Durch den höheren Mappingaufwand und die geringe Umsetzung durch Renderer steigt die Verbreitung vergleichsweise langsam (siehe Methode C oben).
Beispiele
Nachfolgend einige Bilder, die als Hilfe bei der Zuordnung „Gehsteig“ dienen sollen, gereiht nach unumstritten bis hin zu Fällen, die vielleicht erst nach Rücksprache mit der örtlichen Behörde sicher entschieden werden können.
Nachfolgend einige Bilder von Wegen, die möglicherweise länderspezifisch unterschiedlich einzustufen sind.
Weitere Hinweise siehe Diskussion.
Ref | Gehsteig? Begleitweg? | Abgetrennt von der Straße durch ... |
---|---|---|
A | eine Böschung | |
B | einen Straßengraben |
Darstellung
- Für JOSM ist ein mapCSS stylesheet verfügbar.
- OpenStreetMap detailed overlays generiert ein Straßen-Overlay mit Fahrspuren, Radwegen, Parkplätzen und Gehsteigen, wenn man weit genug rein zoomt (16+). Eine slippy map ist online verfügbar.
Siehe auch
- Proposed features/Sidewalk – Vorschlag Charakteristikum/ Bürgersteig
- Proposed features/Sidewalk as separate way – Vorschlag Charakteristikum/ Bürgersteig als getrennter Weg
- Guidelines for pedestrian navigation
- FR:Cheminements_piétons
- Projekt OpenSidewalks vom Taskar Center for Accessible Technology (TCAT) der Universität Washington
- Projekt Sidewalker
Quellen
- ↑ Diskussionen mit Argumenten und Hintergründen zum Mappen von Gehsteigen an der Linie der Fahrbahn oder als eigene Linie:
- ↑ https://wiki.openstreetmap.org/wiki/DE_talk:Map_Features#Gehwege_an_der_Stra.C3.9Fe.3F
- ↑ https://wiki.openstreetmap.org/wiki/Proposed_features/Sidewalk_as_separate_way#Rationale